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Märzzustand
02:10
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Es regnet nicht mehr richtig / und es schneit noch nicht gescheit / In der Holzzimmerwand / Siehst du die Fraßgänge der Zeit / Die Leber amputiert, / jetzt ist die Milzzirrrhose dran / Und zur Sonnenwendenfeier / schlägt der Kurzzeitwecker an // Ich seh dich am Untergrundbahnhof in der Schutzzone stehn / Kurzzug is my middle name // Es schneit schon nicht mehr richtig / und es regnet nicht gescheit / Der Spritzzement macht sich / in den Herzzwischenräumen breit / Der spitzzüngige Hausarzt /weist mich ins Schmerzzentrum ein / Da krieg ich ne Walzzurichtung, / dann schicken sie mich heim // Du siehst mich am Untergrundbahnhof in der Schutzzone stehn / Kurzzug is your middle name // Es schneit jetzt nicht mehr Regen / und es regnet keinen Schnee / Pilzzubereitung ist den Monat nur mit Schutzzeugnis okay / Wem die Sprache hier nicht passt, / macht einen Kreuzzug ins All / Nach der Roggenrolle rückwärts / beginnt jetzt der Jazzzerfall // Am April Fool’s Day herzzerreißend zu der letzten U-Bahn gehen / Kurzzug, Märzenbecher, middle name
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2. |
Revolution Nr. 1999
03:35
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1999, das war das Jahr / als ich bei diesem Aufstand dabei war. / Die Katholische Jugend lud ein, / bei einem Zeltlager dabei zu sein. / 300 Jungs und Mädchen / campierten vor einem umbrischen Städtchen. / Unser Leiter war Ernesto Cardenale, Priester und Sandinist. / Die Ausbildung zur Guerilla übernahm ein junger Zapatist. / Wir schlichen durch Wälder, / robbten durch Felder / und abends am Feuer sangen wir dieses Lied: / Fun, / Gemeinschaft, / Action / und Glauben. // Am Pfingstsamstag war es dann so weit. / Wir brachen auf bei Anbruch der Dunkelheit. / Unser Ziel hieß Rom, / genauer gesagt: der Petersdom. / Schnell überrumpelten wir die Schweizer Garde. / Erstochen wurde dabei Claudio, der Sarde. / Wir rissen den Papst aus seiner heiligen Ruh’. / Am nächsten Morgen stand er auf dem Balkon im roten Dessous. / Statt zu hören den alljährlichen Pfingstsegen / erwartete die Menge ein bunter Kondomregen / und der Heilige Vater sang dazu: / Fun, / Gemeinschaft, / Action / und Glauben. // Einheiten der Nato umstellten den Platz. / Wir wussten, jetzt gehörten wir der Katz’. / Alle meine Freunde hatten sich ergeben / Keiner von ihnen blieb am Leben. / Sie knüpften sie auf an des Domes Säulen. / Dieser Anblick – er war zum Heulen. / Doch die begeisterte Menge sang: / Fun, / Gemeinschaft, / Action / und Glauben.
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3. |
Heartbroker Hotel
03:22
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Die Welt der Nachrichtendienste / Ist auch nicht mehr, was sie mal war / Der Unterschied zwischen Geheimdienst / und Presseagentur ist nicht klar // Hongkong, New York, München / NASDAQ, Neuer Markt / Frankfurt, London, Tokio / Dow Jones, Dax, Smax // Sekunden, nachdem ’ne Nachricht eintrifft / meldet Reuters sie im Netz / und auf eigenen Fernsehkanälen / für die Firmenkunden exklusiv // Wenn ein Minister fällt oder Bomben / Weiß man, dass man verkaufen muss / Am nächsten Tag steht in der Zeitung / Die Kurse hätten geschwankt // Hongkong, New York, München / NASDAQ, Neuer Markt / Frankfurt, London, Tokio / Dow Jones, Dax, Smax // Wir verschicken die aktuellen Infos / Und schauen auf die Uhr / Der Privatkunden-Newsletter / Geht erst 'ne Viertelstunde später raus // Das Wertpapiergeschäft, / die einzig wahre Demokratie / Hier hat jeder mit Geld die Chance / noch mehr zu machen ("Sowas gab’s noch nie") // Hongkong, New York, München / NASDAQ, Neuer Markt / Frankfurt, London, Tokio / Dow Jones, Dax, Smax // 15 Minusminuten Hauptgewinner / Im servergrauen Zwischennetz / Und wir erzählen ihnen / sie hätten hier ihr Glück in der Hand („Aber nicht, nach welchem Gesetz“) // Augsburg, München / NASDAQ, Neuer Markt / Frankfurt, Saarbrücken / Dow Jones, Dax, Smax
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4. |
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Morgens / im Zug / Fix geht es von den Sternen / zum Termingeschäft / Neben dir / sitzt diese Frau / In deinem Augenwinkel, / blond / Mit unglaublich kleinen Händen / Daß die zeitgemäße Krankheit / gerade im Normalen besteht / aber im vollbesetzten Abteil / summt sie vor sich hin / du bist gerührt / und überlegst / wie du sie ansprechen könntest // An der Psychoanalyse ist nichts wahr als ihre Übertreibungen. / Das Ganze ist das Unwahre. / Bei vielen Menschen ist es bereits eine Unverschämtheit, wenn sie Ich sagen. / Sexuelle Freiheit ist in einer unfreien Gesellschaft so wenig wie irgendeine andere zu denken. / Es gehört zum Mechanismus der Herrschaft, die Erkenntnis des Leidens, das sie produziert, zu verbieten. / Der regular guy, das popular girl / Der Sexus wird als sex, gleichsam eine Variante des Sports, entgiftet / Der Splitter in deinem Auge ist das beste Vergrößerungsglas. / Jene Durchstreichung seiner selbst / was daran anders ist, bleibt ein allergischer Punkt. / Als ob nicht Glück, das sich der Spekulation auf Glück verdankte, das Gegenteil von Glück wäre. // wie du sie ansprechen könntest / und als du sagen willst ("Aufgabe von Kunst heute ist es, Chaos in die Ordnung zu bringen.") / Ihre Stimme ist aber schön / fällt dein Blick auf ihre Tasche / und ihre Zuglektüre: / Börse online und die FAZ / Börse online und die FAZ / Börse online und die FAZ // Deine Komplimente kannst du für dich behalten / Denn es gibt kein richtiges Leben im falschen
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5. |
Stefan und Bettina
04:00
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Stefan Anrufbeantworter arbeitet beim Rundfunk / als Kunstkopfmikrofon / er geht auf fast jedes Popkonzert / und registriert jeden Ton // Von Stefans Kopf führt ein Kabel in seine Tasche / Darin ist das Aufnahmegerät / Damit zeichnen Stefans Ohren auf, auch wenn ihm / die Musik am Arsch vorbeigeht // Und der Siemensmanager mit seiner Praktikantin / Hört in der bestuhlten Halle John Cale / Da denkt sich Stefan seinen Teil, sagt aber nichts / denn sonst geht geht ja die Aufnahme fehl // Stefans Freundin Bettina Pfandmarke / jobbt als Betonsäule in einer Bar / Nur selten führt Stefans Arbeit ihn dorthin / denn dort spielt nie ein großer Star // Wenn doch mal ein Konzert in Bettinas Club ist / stört Stefans Mikro beim Küssen sehr / Doch er lehnt sich an Bettinas Seite an / als ob er mit ihr verwachsen wär // Stefan steht im Mittelgang und der Manager / macht ihn deswegen blöde an / Doch statt ihm eine reinzuhaun, ist Stefan lieber still / Weil man ja leicht den Job verlieren kann
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6. |
Linda und Paul
09:59
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Du hast dir ein Schlagzeug gekauft - / ziemlich billig und gebraucht. / Daraufhin stieg ich um auf elektrische Gitarre - / natürlich auch schon benutzte Ware. // Mein Traum liegt jetzt nicht mehr fern. / Paul McCartney wäre ich gern. / Dein songschreibender Ehemann, / der mit dir in einer Band mitspielen kann. // Wir tourten von Rom nach Berlin / und von Paris bis nach Wien. / Wir hätten fünf Kinder / und züchteten Rinder. // Doch du spielst Punk. / Doch von Punk werde ich krank. / Ich singe lieber Wild Rover / und vertone Seemannsgarn aus Dover. // So werden wir nie eine Band sein, / wir spielen allein in unserem Kämmerlein. / Ohne dich werde ich nie ein großer Star. / Es bleibt alles, wie es war.
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7. |
Binsenweisheit
02:24
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8. |
Für euch
03:58
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Gib Fersengeld oder high life / du musst dich entscheiden / Jesus was a sailor / und musste Quallen leiden / du hast es leichter / dein Leben ist seichter / doch oft bist du Hai / dann bleibt keine Wal / du willst Meer / du willst alles / du bist der Fall des Falles // Karl Marx ist baden gegangen / Groucho Marx hat den Staat annektiert / hat uns mit falschem Bart verführt / wir sind schachmatt in allen Belangen / schwach und satt ins Netz gegangen // Gib Fersengeld oder high life / du zahlst in jedem Falle drauf / wähle Farben wähle Namen / das sind alles nur Reklamen / „Würden Sie ihr Ihre Bankcard geben?“ / wir schon, weil wir davon leben / Von Urteilen hab ich keinen Schimmer / es wird schon den richtigen treffen / das klappt doch immer / und wenns schlimmer wird / dann wirds eben schlimmer // Strohhalm Marx / Strohhalm Marx / Strohhalm Marx // Geld oder Leben / sagt der Verbrecher / Ich nehm das Leben / denn so eins hab ich nicht / ich flieg durch den Tunnel / aber ewig kein Licht / Rumble in the jungle // Karl Marx ist vergessen / und wir sind nur versessen / aufs Lachen / Lachen / Lachen / Tatsachen.
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9. |
Verschwende deine Jugend
04:29
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Ne, die sind nicht jünger geworden / Wir sind älter geworden / älter / älter / ... Eltern geworden. / Manche unserer Eltern sind schon gestorben // Ne, wir sind nicht stehen geblieben / wir sind getrieben / getrieben / getrieben / aufgetrieben / Der Herr Doktor sagt noch 10 Jahre, meine Lieben // Verdammt mir ist so übel / so übel / so übel / Ich kotze meine 35 Jahre in den Kübel // Verschwende deine Jugend („Alter Sack! Alter Sack!“) / Verschwende deine Jugend („Alter Sack! Alter Sack!“) / Verschwende deine Jugend („Alter Sack! Alter Sack!“) / ...
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10. |
Hamburgerschule
03:44
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Ich bin neu in der Hamburgerschule / Wie ich hier an meiner Bratpfanne steh / Ich lerne wie man Whopper brät / Und weiß, dass ich nie mehr nach Hause geh // Ich bin neu in der Hamburgerschule / Und mein Deutsch ist noch nicht so gut / Hier bezahlen sie mir zwar nicht sehr viel / Doch dafür bezahl ich hier nicht mit Blut // Ich bin neu in der Hamburgerschule / Weil mein Chef die Preise sonst steigern muss / Und wenn er das tut, dann, so sagt er, / Kriegt die deutsche Wirtschaft den Gnadenschuss // Ich bin neu in der Hamburgerschule / Ich will nicht in den Dönerstand nach Brandenburg / Nach der Schicht sitz ich zwar alleine rum / Aber dort werd ich ganz bestimmt abgemurkst // Ich bin neu in der Hamburgerschule / Dieses Mädchen da kommt fast jeden Tag / Sie bestellt immer nur einen Milchshake / Ich nehm mir jeden Tag vor, dass ich sie frag // Ich bin neu in der Hamburgerschule / Meine Freundin ist auch nicht hier geboren / Aber wir wissen jetzt, wir wollen Kinder / Und die haben woanders doch nichts verloren // Ich bin neu in der Hamburgerschule / Gestern kam die Post vom Ausländeramt / Jetzt sitze ich hier mit diesem Motorradhelm / Unter dem mein Atem langsam verdampft
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11. |
Toskanafraktur
05:16
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In der ganzen Wohnung riecht es nach Gas / Ich frag lieber erst gar nicht von was / Wir restaurieren den Esstisch und trinken Verdünner / Essen ist Luxus, es geht immer noch dünner // Wer hat das kaltgepresste Erdöl in die Blutmühle geschmiert? / Dem Pablo Picasso wär das sicher nicht passiert // Oh Mama, komm schnell her / Die Bank hat mein Geld und sie gibt’s nicht her / Brot, Wein, Antwortmaschinen / Eingeborene können wir fernmündlich bedienen // Wer hat das kaltgepresste Erdöl in die Blutmühle geschmiert? / Damals in Guernica wär das sicher nicht passiert // Einigkeit und Recht auf Freizeit / Seit wir Schauma nehmen fühlt sich dein Haar viel kräftiger an / Freie Liebe Glück und Freiheit / Seit wir Trauma nehmen fährt Haar viel kräftiger ein / Deutschland einig Taxilan // Die Designerküche bleibt ab heute kalt / Es gibt auch keine Wiener mehr im Wald / Im Boot mit Pablo, Beuys und dem Tankerkönig / Der Proviant reicht nur für Afrika und das ist zu wenig // Wer hat das kaltgepresste Erdöl in die Blutmühle geschmiert? / Mit sozialem Plastik wär das sicher nicht passiert // Joseph Fischer mit dem Gotteslob / Ulrike Meinhof im Feuchtbiotop / Als Joseph Beuys in Woodstock beim Singen schlief / Erträumte er sich Christoph Schlingensief // Go to your studio, Pablo, and paint! / Go to your studio, Pablo, and paint! / Go to your studio, Pablo, and paint! / Go to your studio, Pablo, and paint! / ...
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12. |
North Country Blues
05:09
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Wenn die Bazooka weint in Grafenwöhr / Ach diese schöne Zeit ist lange her / Sag mir wo Soldaten sind / sag mir wo die Stütze bleibt / Wir wollen keinen Euro / wir wollen Lucky Strike // Mit 30 fängt man an, sich für Countrymusik zu interessieren / Mit 40 schreibt man dann Johnny-Cash-Biografien // Im Coburger Bahnhof Daydreams & Soulfood / Die Wartezeit bezahlt mit Herzblut / Du denkst an White Man / In Hammersmith Palais / Gegenüber von dem Haus / der Gründerzeit-WG // Mit 30 fängt man an, sich für Countrymusik zu interessieren / Mit 40 schreibt man dann Johnny-Cash-Biografien // Nahverkehrszug zwischen Hof und Hirschaid / Nichts als Schnee hier weit und breit / Auf einem leeren Platz / sitzt jemand neben dir / Es ist der Zonenrandblues / Und er sagt zu dir // Mit 20 dachtest du, besser wäre es in Berlin / Mit 40 wird’s zu spät sein, woanders hinzuziehn
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